Bikeschule: Ein Selbstversuch auf schmalen Pfaden
- Berge erleben
- Sommer


Trail-Ritter
Ob der Name Finn wohl „der Furchtlose“ bedeutet? Passend wäre das auf jeden Fall. Wie ein kleiner Ritter sieht der siebenjährige Finn an diesem heißen Sommertag aus, mit seinen Schulter- und Ellbogenschützern, mit Fullface-Helm am Kopf und Knieschützern an den Beinen. Statt einem Pferd sitzt er allerdings auf einem voll gefederten Bike und seine Turnierarena ist der Trail. Entschlossen fährt er Lilly, unserem Guide der Bikeschule Serfaus-Fiss-Ladis, hinterher, steht sicher auf seinem Bike und fährt selbst enge Kurven, als hätte er nie etwas anderes gemacht.
„Warst du schon einmal in einem Bikepark? Bist du schon einmal einen Trail gefahren?“, habe ich ihn zuvor gefragt. „Noch nie“, sagt Finn. Merkt man ihm gar nicht an, den Anfängerstatus – im Gegensatz zu mir. Auch ich trage die Ritterrüstung, nur in der Erwachsenenedition, aber ritterlich-mutig fühle ich mich nicht wirklich. In Kürze werden Finn und ich über schmale, kurvige Trails, über Wurzeln, Steine und Holzbrücken auf dem Alpkopf- und Högtrail bis nach Serfaus sausen. So zumindest der Plan.
Favoriten für Könner
Direkt im Bikepark empfiehlt Christian für Geübte den anspruchsvollen Hill Bill-Trail. Unter den Singletrails außerhalb des Bikeparks ist der legendäre Frommestrail der Allzeit-Favorit. Diese Strecke führt vom Schönjoch-Kreuz rund 1000 Höhenmeter durch alpines Gelände abwärts. Herausfordernd ist auch der Jochtrail: Mit neu eröffnetem Teilstück bietet der Trail dank großen Steinblöcken, den sogenannten Rock Gardens, auch kniffelige Abschnitte und dazu eine beeindruckend schöne Aussicht. „In Kombination mit dem Alpkopf- und Högtrail wird das zu einer superlangen Abfahrt“, sagt Christian. Aber zurück in die Realität, so versiert bin ich noch lange nicht - auch wenn Christian mir versichert, mit viel Übung sei der Jochtrail am Ende der Bikesaison ‚ganz leicht‘ machbar. Da bin ich ja gespannt.
Der Gummibärchen-Trick
Wir starten unser Singletrail-Abenteuer direkt am Berg und nehmen die Alpkopfbahn von Serfaus aus. Oben angekommen, steht erst einmal die Technikeinführung am Programm. Wie stehe ich am Bike, wo ist der Schwerpunkt, wie ist die Armhaltung? Ganz schön viel zu merken. Gut, dass Lilly einen Tipp hat, den ich nicht vergesse: „Stell dir vor, hier würde ein Gummibärchen liegen“, sagt sie und zeigt auf den Gabelschaft. Ich soll mit dem Kopf möglichst immer über diesem Punkt bleiben. Gummibärchen in Mund-Nähe, wird gemacht.
Über Mut und Überwindung
Der erste Teil unserer Strecke ist der Alpkopftrail. Als grün markierter, sehr einfacher Trail ist er für den Einstieg ideal. Die Kurven sind flach, das Gelände nur mäßig steil. Ich habe es schon am Anfang erzählt: Finn startet furchtlos. Kinderleicht schaut es aus, wenn er und Lilly das Bike manövrieren. Ich stehe doch noch ein bisschen wackelig am Rad. Biken kann ich ja, aber über einen schmalen Pfad, gespickt mit allerlei Wurzeln und Steinen zu fahren, ist doch noch etwas anderes. „Prinzipiell hilft es beim Biken am Trail, ein bisschen schneller unterwegs zu sein“, sagt Lilly. „Dann kannst du flüssiger über Unebenheiten fahren.“ Klingt logisch, braucht ein bisschen Überwindung.
Beim ersten Stopp merke ich schon: Das ist anstrengender als gedacht. Man steht während der gesamten Fahrt, die Pedale sollten möglichst parallel sein, die Kraft und der Druck vor allem auf das Hinterrad sollen aus den Beinen kommen. Sobald ich diese Idealposition verlasse, wird es schwieriger, das Gleichgewicht zu halten. Deshalb bin ich dankbar für die Tipps, die mir Lilly immer wieder zuruft. „Immer ans Kurvenende schauen“, erklärt sie mir jetzt, und das ist eine Empfehlung, die mir viel bringt. Was mir noch hilft: Ich habe nie das Gefühl, mich beeilen zu müssen, weil hinter mir schon eine ungeduldige Truppe waghalsiger Biker wartet. Ganz entspannt kann ich mir die Zeit nehmen, die ich für die Abfahrt brauche. Und selbst ein Sturz scheint dank Ritterrüstung nicht mehr so schlimm.
Ist das Ende nur der Start?
Vielleicht ist es nur die neugewonnene Energie durch Eis und Limo, auf jeden Fall klappt die zweite Trail-Hälfte schon besser. Ich fahre flüssiger, das Bremsen gelingt gleichmäßiger. Finn kann ich natürlich trotzdem nicht einholen. Nur einmal muss ich noch absteigen, aber daran ist die Kuh schuld, die mitten am Trail einen Rastplatz gefunden hat. Am Schluss bin ich tatsächlich ein bisschen stolz. Und Finn überlegt schon, noch einmal wiederzukommen, aber ohne langsame Begleiterin im Schlepptau. Wie hat Christian beim Mittagessen gesagt? „Der Erstkontakt zum Biken am Trail soll positiv sein – und das gelingt uns meistens. Die Leute kommen nach der Fahrt wieder hier an, mit breitem Grinsen im Gesicht.“ Mission erfüllt, würde ich sagen.
Kurse & Ausrüstung
Die komplette Ausstattung, vom Bike bis zum Helm, kann in den Bikeshops in Serfaus-Fiss-Ladis ausgeliehen werden. Wir haben unser Bike und die Ausrüstung im Bikeshop direkt an der Talstation der Waldbahn geliehen. Einzel- und Gruppenkurse für Erwachsene und Kinder ab vier Jahren sind in der Bikeschule Serfaus-Fiss-Ladis buchbar: Vom Fahrtechnikkurs bis zu geführten Singletrail-Touren ist alles möglich.