People of SFL: Haubenkoch Lukas Neier
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Der erste Eindruck
Das schwarze Cappy lässig verkehrt herum getragen, eine schicke Kochschürze umgeschnürt und das Wichtigste: ein sympathisches Grinsen im Gesicht. So präsentiert er sich mir im „Köhles Kulinarium“ in Serfaus. Stelle ich mir so einen Küchenchef mit zwei Hauben in der Tasche vor? Zugegeben: Nicht ganz. Lukas wirkt auf mich cool, jung und kreativ - keinesfalls laut oder eingebildet.
Teamspirit
Schnell wird klar: Für Lukas zählt der Wir-Gedanke, der Teamspirit. „Wenn Gäste unsere Küche loben, dann gehen die Lorbeeren ans ganze Team. Jeder wird von mir gleich behandelt: vom Abwäscher, der alles wieder zum Glänzen bringt, bis zum Pizzabäcker, der für mich das Brot backt. Ich wollte immer ein Team leiten, aber auf Augenhöhe“, erzählt Lukas. Auch wenn eine One-Man-Show durchaus erfolgreich sein kann, wie mir Patrick Landerer in Ladis gezeigt hat, kann Lukas einfach nicht ohne seine 8-köpfige Truppe. Und das ist auch gut so. Jeder darf schließlich sein Süppchen auf seine Art kochen.
Von seinen Jungs und Mädels sind nur zwei gelernte Köche dabei. Ein Manko? Keinesfalls. „Wenn du was wirklich erreichen willst, dann schaffst du es auch. Die Vor- und Nachspeisen bereitet beispielsweise unser ehemaliger Abwäscher zu. Er war derart motiviert, da hab ich mir gedacht, ich zeig‘s ihm einfach. Er ist nun echt ein wahrer Meister seines Handwerks. Motivation kann dich im Leben sehr weit bringen“, sagt der Mittzwanziger.
Bodenständigkeit und Moderne
Auch beim Erzählen von seinem Sous Chef gerät der Tiroler ins Schwärmen. Beide scheinen sich gesucht und gefunden zu haben. Während Frank noch die gute alte Küche intus hat, ist Lukas der Mann, der gerne ausprobiert und einen modernen Pfiff in seine Cuisine bringt. So lernt einer vom anderen. Beide „Styles“ haben für Lukas ihre Daseinsberechtigung. Ob das das Geheimnis von Köhles Kulinarium ist? „Wenn etwas nicht so schmecken will und ich mit Frank herumtüftle, sagt er oftmals: Mach es einfach so wie vor 100 Jahren. Du denkst zu kompliziert! Und er hat meist recht. Wir sind einfach ein gut eingespieltes Team“, erzählt der Küchenchef.
Aller guten Dinge sind drei
Dieser Spruch ist allseits bekannt und geht auch Lukas ganz leicht von den Lippen. Sein Credo lautet nämlich: Nimm nur wenige Komponenten und setze sie immer wieder neu in Szene! Die meisten seiner Gerichte bestehen aus drei Zutaten. Zu wenig? Nein. „Wir kochen beispielsweise mit Sellerie fünf Gerichte und alle schmecken anders. Das ist mir sehr wichtig. Auch die komplette Verarbeitung des Produktes steht immer im Vordergrund.“ In diesem Punkt schwimmt er mit Meisterkoch Paul Ivic aus Serfaus definitiv auf der gleichen Wellenlänge.
Im Wohnzimmer bei den Köhles
Dass Lukas wirklich einiges drauf hat, hat er seinem Boss endgültig im Dezember 2021 bewiesen. Mit dem sogenannten „Chefs Table“ wurde er mit zwei Hauben ausgezeichnet. „Es war zu Beginn eigentlich nur ein Scherz, den Chefs Table einzuführen und dort auf Haubenniveau zu kochen. Meine jungen Chefs standen aber immer hinter mir und haben an mich und das Konzept geglaubt. Dass wir zwei Hauben bekommen, hätte ich nie gedacht. Die Auszeichnung war ein enormer Motivationsschub. Die harte Arbeit hat sich ausgezahlt“, erzählt Lukas mit sichtlich stolzer Miene. „Auf dem Erfolg dürfen wir uns aber nicht ausruhen. Wir müssen das Niveau halten und immer 100% geben.“
Wer nun vermutet, dass das Serfauser Kulinarikangebot hochgestochen und ganz schön etepetete ist, täuscht sich. „Die Atmosphäre ist ganz und gar ungezwungen. Wir nennen es gerne „Wohnzimmer“. Die Gäste holen sich einige Gänge direkt in der Küche und können uns beim Anrichten gerne über die Schulter schauen. Es ist ein wahres Erlebnis. Das taugt den Gästen“, so Lukas.
Gutes aus der Natur
Um mal so richtig abzuschalten, verschanzt sich Lukas gerne in den Tiroler Bergen. Mit dabei ist immer sein treuer Hund. Die Natur gibt ihm Kraft und ist zugleich Inspirations- bzw. Fundquelle für seine Gerichte. Bei einem Spaziergang sammelt er da und dort Blüten und Kräuter, die er am liebsten frisch in der Küche verarbeitet. „Sobald sie eingelegt sind, veränderst du den Geschmack. Frisch ist immer besser“, erklärt der Tiroler Koch.
Regionalität wird bei ihm und seinem Team großgeschrieben. Und mit guten regionalen Produkten sind die Dörfer Serfaus, Fiss und Ladis mit ihren Bauern ja bekanntlich reich gesegnet. Lukas tischt beispielsweise eine Suppe aus Serfauser Bergheu auf oder überzeugt mit allerlei Milchprodukten, die um die Ecke gekauft und in den Gerichten eingebaut werden. „Wir unterstützen die Einheimischen selbstverständlich. Warum? Weil’s schmeckt und einfach Sinn macht. Die Transportwege fallen weg und die Produkte sind sehr gut. Eine Mitarbeiterin züchtet für uns Wachteln und beliefert uns mit Lammfleisch. Ich schätze es, wenn ich weiß, dass es den Tieren gut geht“, sagt Lukas.
Die lokalen Bauern können natürlich oftmals nicht die geforderte Menge liefern, aber auch kleine Schritte sind ein Zeichen für ein gutes Miteinander. Das Fleisch auf seiner Speisekarte stammt beispielsweise ausschließlich aus Österreich. „Fleisch vom Ausland brauche ich nicht und auch keinen überzüchteten Fisch. Beim Einkauf muss man seinen Hausverstand einschalten. Alles muss möglichst nachhaltig sein.“
Die besten Ideen
Wenn der Geist zur Ruhe kommt, fallen einem oftmals die besten Ideen ein. Lukas liebt es, Neues auszuprobieren und seine Gerichte mit modernem Pfiff zu versehen. Auf seinem Nachttisch liegt immer sein Notizbuch, in das er bereits die ein oder andere geniale Idee gekritzelt hat. „Die spontanen Geistesblitze sind die besten. Unlängst habe ich mal Tiroler Kola getrunken. Im Bett hab‘ ich mir dann gedacht, dass man das Fichtenaroma doch gut mit dem Reh verbinden könnte. Dann habe ich es sofort in das Menü beim Chefs Table aufgenommen“, lächelt Lukas und wird im gleichen Moment in die Küche gerufen und verabschiedet sich.