Dorfführungen in Serfaus, Fiss und Ladis
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Via Claudia Augusta
Die viel zitierte Römerstraße: Die Via Claudia Augusta. Auch ein Ast der Via Claudia Augusta führte hinauf aufs Hochplateau. Den sonnigen Hängen konnten wohl auch die Römer nicht widerstehen. „Die Straße ging vermutlich direkt durch die älteste Bausubstanz nach der Burg: durch das Wohnhaus Platte Nr. 3. Die Römerstraße führte mit Sicherheit zu einer gewaltigen WIRTSCHAFTLICHEN und POLITISCHEN ENTWICKLUNG“, erzählt Kulturobmann und Dorfexperte ARMIN Klien bei der Dorfführung in Ladis.
„15 v. Chr. hat Kaiser Augustus den Stiefsöhnen den Auftrag erteilt, in die Alpen vorzudringen. Bei Bozen teilten sie sich: Einer wählte den Weg über den Brenner, der andere über den Reschenpass. Nördlich des Fernpasses trafen sie sich wieder und drangen weiter bis nach AUGSBURG vor. Die Römer haben am Hochplateau teils neue Pfade errichtet, teils vorgefundene Saumwege genutzt. Die Via Claudia Augusta zweigt dabei von TÖSENS hinauf aufs Plateau und bei Ladis hinunter ins Tal nach PONTLATZ“, erklärt Dorfchronist THOMAS Purtscher bei der Dorfführung in Serfaus. „Die Besiedelung an den Sonnenhängen fand viel früher statt als im Tal“, berichtet Dorfspezialist SIEGFRIED Krismer aus Fiss. „Für die Beschneiung wurde ein Teich am Komperdell ausgehoben. Dabei wurde ein Brandplatz gefunden, der untersucht wurde. Es wurde festgestellt, dass bereits vor 4000 JAHREN in dieser Gegend eine regelmäßige Weidewirtschaft stattgefunden hat. Diverse Funde in allen drei Dörfern sind ein klares Anzeichen, dass unsere Gegend schon früh besiedelt war“.
Backofen: Bitte draußen bleiben
Hast du die BAUCHIGEN Backöfen an einigen alten Hausfassaden schon entdeckt? Früher wurde nämlich in jedem Haus Brot gebacken. Die nach außen ragenden Öfen sind typisch für die RÄTOROMANISCHE Bauern-Architektur in Tirol. Wuchtig ragen sie aus den Bauernküchen hinaus ins Freie. Aber warum? Armin erklärt, warum die Bauern von früher genau wussten, was praktisch ist: „Die älteste Einbauküche befindet sich wohl in Ladis in unserem RECHELERHAUS. Nun wurde sogar der alte Backofen REAKTIVIERT. Er funktioniert wie damals. Der Backofen sparte Platz, die Küche war größer. Ein eigenes Backhaus im Freien war nicht notwendig. Somit konnten die Frauen immer backen und mussten nicht das Haus verlassen.“
In den Küchen wurde gebacken, gekocht und auch GERÄUCHERT. Ein Glück, dass die Menschen früher kleiner waren. Die einstigen Rauchküchen wurden von der Stube aus mit Rauch versorgt, der dann oben an der Decke hing. Übrigens: In einer alten Küche suchst du vergeblich einen Esstisch. Die "Kucha" war nämlich nur ARBEITSRAUM. Das Leben spielte sich in der Stube ab.
Mit dem Fuhrwerk durch die Haustür
Einige Bauernhäuser zeugen noch heute mit ihren riesigen Eingangstoren von der früheren Lebensweise der Bewohner am Hochplateau. Die sogenannten DURCHFAHRTSHÄUSER waren äußerst praktisch. Deren hölzerne Eingangstore konnten nämlich komplett geöffnet werden. Die Bauern fuhren mit ihren Fuhrwerken und Ernten direkt ins Haus hinein. Die rätoromanische Bauweise stammt übrigens aus der Schweiz, von Graubünden. Ein eigener Baustil wurde in der Region nicht entwickelt.
Die hohe Dichte an denkmalgeschützten Häusern, bei denen die alten Zeiten noch deutlich spürbar sind, ist in Ladis besonders hoch. Das kleinste der drei Bergdörfer zählt rund 21 GESCHICHTSTRÄCHTIGE GEBÄUDE. Hier kannst du dich also im Kreis drehen und bist immer von Geschichte umgeben. Das älteste Bauwerk kennst du bestimmt: die Burg Laudeck. Im Sommer kannst du an einer Burgführung teilnehmen. Alle Infos findest du im Wochenprogramm oder im Eventkalender.
Nach Süden ausgerichtet
Früher wurden die Wirtschaftsräume immer nach SÜDEN ausgerichtet. Tiere hatten für die Bauern immer oberste Priorität. Die Südausrichtung sorgte für eine bessere Belüftung des Stalls und mehr Sonnenlicht trat hinein. „Konträr zu den anderen Gebäuden steht das STOCKERHAUS in Ladis. Das Haus ist anders ausgerichtet. Hier tappen wir noch im Dunkeln, warum das bei diesem Haus so ist“, erklärt Armin. Ausnahmen bestätigen also auch hier die Regel.
Auf nach Amerika
Siegfried berichtet von der Einwohnerentwicklung seines Heimatdorfs: „Früher wurden nicht Häuser gezählt, sondern Feuerstellen. 1427 hatte Fiss 41 FEUERSTELLEN und 250 Einwohner. Die Einwohnerzahl verdoppelte sich in den darauffolgenden Jahrhunderten. Mitte des 19. Jahrhunderts bis ca. 1923 ist die Zahl dann wieder gesunken. Die Sterblichkeit war sowohl bei den Kindern als auch Erwachsenen sehr hoch. Viele Fisser sind zudem nach Amerika ausgewandert.“ Doch warum? Die Güterteilung machte es den Tirolern schwer. Sie hatten zu wenig Land, um zu leben. Im fernen AMERIKA lockte genügend Land, um besser wirtschaften zu können. Auch Verwandte von Siegfried wanderten aus und kehrten dem Bergdorf den Rücken.
Aufbaudorf Fiss
Die drei Bergdörfer blieben von den Weltkriegen weitgehend verschont. Direkte Kriegshandlungen gab es am Hochplateau zum Glück nicht. Fiss und andere Tiroler Dörfer wurden während des 2. Weltkrieges bzw. zu Beginn der Machtübernahme des NS-Regims als AUFBAUDÖRFER ernannt. Das Dorf war nämlich nach wie vor ärmlich. Die Wirtschaft wurde angekurbelt und neue Bauernhäuser wurden gebaut. „In den Fisser Höfen wurden vier neue Bauernhäuser gebaut. Sie waren topmodern: Fließwasser im Haus, Spülklosett, hellere Ställe. Es war aber schwierig, Fisser zu finden, die an den Ortsrand ziehen wollten. Einer davon war mein Vater. Er war Tischler und wurde mit einer größeren WERKSTATT gelockt“, berichtet Siegfried.
Brandgefahr
Die Dörfer wuchsen nach und nach über ihre ursprünglichen Grenzen hinaus. Die ENGE in den Ortskernen blieb jedoch. Ein großer Nachteil von Haufendörfern war die enge Bauweise und eine schnelle Brandausbreitung. Dorfbrände gab es bedauerlicherweise auch am Hochplateau, die Löschversuche waren jedoch äußerst bescheiden. Das Jahr 1942 ging in die Serfauser Geschichte ein. Die Unachtsamkeit einer Frau hatte verheerende Folgen. Eine Feuerwehr die schnell zu Hilfe eilt? Fehlanzeige. Es gab zwar FEUERWAALE, bis die Wasserschleusen zu Fuß aber erreicht wurden, waren die Brände meist schon weit fortgeschritten.
„Vier Sportler vom Skiclub Innsbruck, darunter eine Frau, entdeckten 1910 das KOMPERDELLGEBIET für sich. Sie verließen in Prutz den Postwagen und wanderten zu Fuß über Ladis und Fiss nach Serfaus. Die Gruppe war BEGEISTERT von den schönen Hängen. Das Tourismuspflänzchen begann fortan zart zu wachsen“, erzählt der Serfauser Dorfchronist.